Die Führung der Europäischen Union hat sich ein recht ehrgeiziges Ziel gesetzt, um die Position der Region auf dem KI-Markt deutlich zu verbessern. Gemessen am BIP ist sie derzeit die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, aber weit davon entfernt, die weltweit führende KI-Wirtschaft zu sein. Auch die USA und China sind im Bereich der KI besser aufgestellt als die EU, doch wollen sie dies in den kommenden Jahren ändern und legen ein Förderprogramm mit einem Gesamtbudget von 30 Mrd. EUR auf, um den Bau moderner, leistungsstarker KI-Rechenzentren der Gigawattklasse zu unterstützen. Wenn alles nach Plan läuft, wird die Leistung der KI-Rechenzentren in der EU mit der von KI-Rechenzentren führender US-Unternehmen vergleichbar sein, was einen bedeutenden Fortschritt darstellen wird.
Derzeit sind bereits 10 Mrd. EUR für den Bau von 13 KI-Rechenzentren vorgesehen, doch wurden weitere 20 Mrd. EUR beschlossen, um den Start eines Programms zu unterstützen, das den Bau von KI-Rechenzentren der Gigawattklasse ermöglicht. Das ehrgeizige Programm hat bereits Unternehmen aus 16 Mitgliedstaaten angezogen, mit 76 Anfragen für insgesamt 60 neue KI-Rechenzentren an 60 verschiedenen geografischen Standorten. Nach Angaben des CNCB ist das Projekt bereits angelaufen. Die ersten KI-Rechenzentren sollen in den kommenden Wochen in Betrieb genommen werden, und ein größeres Projekt im Raum München wird Anfang September beginnen.
Jedes dieser KI-Rechenzentren der Gigawatt-Klasse wird zwischen 3 und 5 Mrd. EUR kosten, dafür aber eine wesentlich höhere Rechenleistung bieten als die bestehenden KI-Rechenzentren. In einer solchen Einheit könnten mehr als 100 000 fortschrittliche KI-Beschleuniger untergebracht werden. Zum Vergleich: Der von xAI geschaffene Supercomputer-Cluster Colossus könnte mit einer Leistung von 150 Megawatt betrieben werden, wenn alle 100 000 GPUs in Betrieb wären. Das bedeutet, dass ein KI-Rechenzentrum der Gigawatt-Klasse viel mehr solcher KI-Beschleuniger beherbergen könnte, nämlich bis zu 300 000 Blackwell-Ultra-Modelle.
Diese Initiative ist derzeit eine der größten von der Regierung finanzierten KI-Initiativen der Welt, auch wenn sie weit unter dem Betrag liegt, den chinesische Bundes- und Kommunalbehörden für ähnliche Zwecke ausgeben, aber sie könnte weit über dem liegen, was andere große Volkswirtschaften für ähnliche Zwecke ausgeben. Die Initiative ist auch deshalb wichtig, weil die EU zwar über ein großes Reservoir an qualifizierten Arbeitskräften verfügt - 30 % mehr pro Kopf als die USA -, der Fortschritt aber stark eingeschränkt ist, weil einfach nicht genügend Rechenleistung zur Verfügung steht. Hier könnte eine neue EU-Initiative Abhilfe schaffen, die der KI-Industrie und der Entwicklung von Fachkräften einen enormen Schub verleihen könnte.
Auch wenn das Projekt insgesamt sehr positiv ist und viele Vorteile mit sich bringt, ist es fraglich, wie nachhaltig es sein wird. Da das öffentliche Konjunkturprogramm mit Steuergeldern finanziert wird, die gut angelegt und rechenschaftspflichtig sind, müssen die Projektverantwortlichen sicherstellen, dass dieses Geld nicht verschwendet wird, sondern sinnvoll eingesetzt wird und die europäische Gemeinschaft davon massiv profitiert. Die Beschaffung der Hardware und der Bau der Zentren ist eine relativ einfache Aufgabe, aber um die verfügbare Rechenkapazität effizient und kontinuierlich zu nutzen, müssen geeignete Geschäftsmodelle entwickelt und ein ausreichendes Interesse des Privatsektors für den Verkauf der rohen Rechenleistung geweckt werden. Aus diesem Grund wird der Auf- und Ausbau schrittweise erfolgen, um die Fehler zu vermeiden, die die chinesischen Behörden bei denselben Projekten bereits gemacht haben.
Um eine enorme Rechenleistung zu erreichen, bedarf es nicht nur geeigneter Hardware und Rechenzentrumsgebäude, sondern auch der Verfügbarkeit ausreichender Elektrizität, die vor allem im Gigawattbereich nicht leicht zu beschaffen ist. KI-Rechenzentren, die große Mengen an Strom benötigen, können mit dem derzeitigen europäischen Stromnetz nicht angemessen versorgt werden und erfordern eine schrittweise Erhöhung der Kapazität, was zusätzliche Kosten verursacht und Zeit in Anspruch nimmt. Dies könnte auch die Einrichtung von KI-Rechenzentren verzögern, da die Frage der Stromversorgung bereits in der Planungsphase geklärt werden muss, da es sonst wenig Sinn macht, eine milliardenschwere Anlage zu bauen.