Zum ersten Mal haben Forscher gezeigt, dass es möglicherweise einen kausalen Zusammenhang zwischen Darmbakterien und Schlaflosigkeit gibt. Die Forschung deutet darauf hin, dass einige Bakterien das Risiko, an Schlaflosigkeit zu erkranken, erhöhen, während andere dazu beitragen können, sie zu verhindern. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass Schlaflosigkeit selbst die Menge bestimmter Bakterien im Darm verändern kann.
Schlaflosigkeit ist eine sehr häufige Schlafstörung, die mit Einschlafschwierigkeiten oder schlechter Schlafqualität einhergeht. Sie kann mit Müdigkeit und Reizbarkeit einhergehen, was sich negativ auf das tägliche Leben auswirken kann. Man schätzt, dass etwa 10-20 % der Bevölkerung an Schlaflosigkeit leiden. Darüber hinaus kann sie leicht zu ernsteren Problemen führen: Schlaflosigkeit kann zur Entwicklung anderer gesundheitlicher und psychischer Störungen führen, die zu einer Verschlechterung der Gesundheit und sogar zu einem erhöhten Sterberisiko beitragen.
Die Ursachen der Schlaflosigkeit sind vielschichtig und umfassen ein komplexes Zusammenspiel von genetischen, umweltbedingten, verhaltensbedingten und physiologischen Faktoren, die zusammen zu übermäßiger Wachsamkeit führen. Es ist aber auch bekannt, dass Patienten mit Schlaflosigkeit häufig eine veränderte Darmflora haben, obwohl der kausale Zusammenhang noch nicht bewiesen ist.
Dies ist Gegenstand einer neuen Studie. Frühere Studien haben gezeigt, dass Darmbakterien die Qualität des Schlafs beeinflussen können , aber es ist nicht klar, wie verschiedene Bakteriengruppen das Risiko von Schlaflosigkeit beeinflussen können. Um dies zu bestätigen, verwendete das Forschungsteam eine Technik namens Mendelsche Randomisierungsanalyse. Dabei werden im Wesentlichen natürlich vorkommende genetische Unterschiede - die von den Eltern vererbt werden - verwendet, um zu prüfen, ob ein bestimmter Risikofaktor (wie Darmbakterien) ein bestimmtes Ergebnis (wie Schlaflosigkeit) verursachen kann oder ob nur ein möglicher Zusammenhang zwischen ihnen besteht.
Das Forscherteam wertete Daten von 386 533 Personen mit Schlaflosigkeit aus, die im Rahmen einer zuvor veröffentlichten genomweiten Analyse erhoben wurden. Diese wurden ergänzt durch Daten zum Darmmikrobiom von 18 340 Personen aus der MiBioGen-Allianz und 8208 Personen, deren Daten aus dem niederländischen Mikrobiom-Projekt stammten. Die Ergebnisse zeigten, dass insgesamt 14 Bakteriengruppen positiv mit Schlaflosigkeit assoziiert waren (1-4 Prozent höhere Odds), während acht Gruppen negativ assoziiert waren (1-3 Prozent niedrigere Odds).
Andererseits wurde Schlaflosigkeit mit einer 43-79%igen Abnahme bei 7 Bakteriengruppen und einer 65-300%igen Zunahme bei 12 Gruppen in Verbindung gebracht. Insbesondere die Bakteriengattung Odoribacter - eine wichtige Art von Darmbakterien - wurde mit dem Risiko von Schlaflosigkeit in Verbindung gebracht.
Die Forscher erklären auch, dass sie keine Anzeichen für eine Pleiotropie gefunden haben, d. h. dafür, dass ein einziges Gen zwei oder mehr scheinbar unabhängige Effekte verursacht. Dies bestätige, dass es einen kausalen Zusammenhang gebe. Diese Ergebnisse bauen auf einer Reihe bereits veröffentlichter Studien auf, weisen aber dennoch einige Einschränkungen auf. Erstens waren alle Teilnehmer europäischer Herkunft, so dass die Ergebnisse möglicherweise nicht verallgemeinerbar sind, da das Darmmikrobiom ethnische und geografische Unterschiede aufweist. Allerdings können auch die Ernährung und der Lebensstil einen erheblichen Einfluss auf die Beziehung zwischen dem Mikrobiom und den Genen und der Umwelt haben. In den vorliegenden Ergebnissen sind diese Faktoren nicht berücksichtigt.
"Insgesamt stellt das Zusammenspiel zwischen Schlaflosigkeit und dem Darmmikrobiom eine komplexe, bidirektionale Beziehung dar, an der Immunregulation, Entzündungsreaktionen, die Freisetzung von Neurotransmittern und andere molekulare und zelluläre Prozesse beteiligt sind", erklären die Forscher. "Unsere Studie liefert erste Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Schlaflosigkeit und dem Darmmikrobiom und liefert wertvolle Erkenntnisse für die künftige Entwicklung von mikrobiombasierten Behandlungsplänen für Schlaflosigkeit".